Reiner Meier lernt bei der "Aktion Rollentausch" die Sorgen und Nöte im Sozialberuf kennen
Tirschenreuth. "Geht es Ihnen gut?", fragt Reiner Meier, während er der 90-jährigen Maria Anna Wild eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen serviert. Maria Anna Wild ist freudig erstaunt, dass ihr ein Bundestagsabgeordneter das Nachmittagsgebäck ins Zimmer bringt.
Sie nutzt die Gelegenheit, Reiner Meier zu erzählen, wie wohl sie sich hier fühlt, dass im Alter von 90 Jahren natürlich auch die kleinen Wehwehchen zwicken und zwacken. Kuchen servieren, über heimische Kräuter und ihre Heilwirkung diskutieren und zwei nette ältere Damen im Rollstuhl ins Grüne begleiten: MdB Reiner Meier stellte sich beim "Rollentausch" den alltäglichen Aufgaben unzähliger Pfleger in Deutschland.
Reiner Meier kommt der Einladung des Rotkreuz-Heimes im Tirschenreuth gerne nach. "Ich ziehe den Hut vor jeder Pflegekraft", sagt er zu Heimleiter Andreas Neugirg, Pflegedienstleiterin Christina Käs und Verwaltungsleiterin Jennifer Graser.
Dann folgt schon die nächste Aufgabe für den "Aushilfspfleger". Auf dem "Marktplatz", dem gemütlichen Foyer des Heims, wartet ein Stuhlkreis. Diesmal ist Wissen zu heimischen Kräutern gefragt - ein eindeutiger Heimvorteil für die Seniorinnen, die zu Fragen über "Was hilft gegen Entzündungen?" wie aus der Pistole geschossen "Zwiebel" antworten. "Riecht allerdings unangenehm", schiebt eine Seniorin nach.
Reiner Meier bringt die Ringelblume ins Gespräch, für Salben. Beim nachfolgenden Singkreis kommt Stimmung auf. Das Lied "knallrotes Gummiboot" dient als Grundlage für Bewegungsübungen. "Ich glaube, ich bleibe ein wenig länger bei euch", schmunzelt Reiner Meier. Beim Spaziergang mit zwei Rollstuhlfahrerinnen schiebt er eine Frau aus seinem Heimatort durch die schöne Parkanlage. Die beiden kennen sich aus früheren Zeiten und haben sich viel zu erzählen.
Heimleiter Neugirg berichtet von der Qualitätsnote 1,0 durch den medizinischen Dienst Bayern. Was unter den Nägeln brennt: Pflegedienstleiterin Christina Käs und der Heimleiter klagen darüber, dass für ambulante Pflegedienste Tätigkeiten wie Blutdruck messen, Infusionen legen, Verbände anlegen oder Blutzuckerwerte bezahlt werde, das Seniorenheim aber solche medizinischen Dienste nicht extra vergütet bekomme. "Rechnet man nur ein paar Minuten Blutdruckmessen pro Bewohner und das dreimal täglich, haben wir in einem Heim unserer Größe mit ca. 70 Bewohnern schnell jede Menge unbezahlter Arbeitsstunden beisammen", so Neugirg.
Ein immer wichtiges Anliegen ist die Bürokratie, die den Pflegeauftrag in den Hintergrund drängt. "Wir brauchen zu viel Zeit für schriftliche Dokumentationen. Diese Zeit sollte der Pflege der Bewohner dienen", so Christina Käs. Großen Wert legt das Tirschenreuther Heim auf Ausbildung. Ein solch hohes Qualitätsmerkmal, schlägt der Heimleiter vor, sollte mittels einer Ausbildungsumlage von allen Einrichtungen gemeinsam finanziert werden.
Reiner Meier erfährt auch von einer innovativen Neuerung: Eine Kamera, installiert in der hauseigenen Kapelle, überträgt katholische Messen direkt in die Zimmer bettlägeriger Bewohner. "Dafür hat sich auch ein norddeutsches Heim interessiert", erklärt Neugirg. Meier sagt auch als Mitglied im Gesundheitsausschuss zu, sich umgehend im Bundestag um die Brennpunkte im Pflegebereich zu kümmern.
Quelle: Der neue Tag / oberpfalznetz.de