Stresstest vor Inbetriebnahme der neuen Räume im Krankenhaus mit Bravour gemeistert
Tirschenreuth. (tr) Vor jeder Premiere gibt es eine Generalprobe. Das ist nicht nur im Theater, sondern auch im Krankenhaus so. Am Rosenmontag probten die Helfer im Krankenhaus Tirschenreuth den Ernstfall vor der Inbetriebnahme der neuen Notaufnahme.
Seit Faschingsdienstag, 8 Uhr, ist die Notaufnahme im Neubau im Krankenhaus Tirschenreuth in Betrieb. Damit es im Ernstfall keine Probleme in der ungewohnten Umgebung und mit teils neuen medizinischen Geräten gibt, war der Stresstest am Montagabend notwendig.
Ärzte, Pflegepersonal und Helfer des BRK-Kreisverbandes übten drei Stunden lang an zwölf Fallbeispielen in der neuen Umgebung, wie sie in der Realität immer wieder vorkommen. Auch wenn die fingierten Fälle im 15-Minuten-Takt hereinkamen, lief alles absolut ruhig und routiniert ab. Alle „Notfälle“, die aufgenommen wurden, konnten das Haus bald wieder verlassen. Bis auf eine Ausnahme. Ein 65-Jähriger, der reanimiert werden musste, wurde stationär aufgenommen. Es handelte sich übrigens nur um eine Übungs Puppe. Wäre in dieser Zeit ein wirklicher Notfall zu versorgen gewesen, hätte der natürlich Vorrang gehabt. Und er wäre gut versorgt worden. Ärzte und Pfleger waren nämlich genügend da an diesem Abend.
Keine Panik im SchockraumNach rund einem Jahr Bauzeit ist nun die neue Zentralen Notaufnahme am Krankenhaus Tirschenreuth in Betrieb. Einen Tag vor der Eröffnung proben Notfallpersonal und BRK-Kreisverband den Ernstfall in der neuen Umgebung.
„In fünf Minuten sind sie da“, ruft Wolfgang Fünfer, Pflegedienstleiter der Notaufnahme, lautstark durch den Flur. Seine Kollegen sind bereits im Schockraum, bereiten alles vor. Sie wissen, gleich geht es hier um Leben oder Tod. Geschäftiges Treiben ohne Hektik beherrscht die Szene.
Der Notruf, der von der Integrierten Rettungsleitstelle Nordoberpfalz (ILS) kam, lautete: „Patient, zirka 65 Jahre alt mit Schnappatmung im Bett vorgefunden, hatte vor zwei Jahren einen Herzinfarkt, bekam mehrere Stents, nimmt Blutverdünnung, war bis jetzt sportlich aktiv.“
Teamarbeit A und O
Schon ist das Martinshorn des Rettungswagens zu hören, spiegeln sich die Blaulichter im Glas der Eingangstür zur neuen Notaufnahme im Krankenhaus Tirschenreuth. Im Schockraum wird den Beobachtern sofort klar, hier ist Teamarbeit das A und O. Alle Beteiligten sind Teile eines Systems. Da muss jeder funktionieren, wie feinste Zahnräder in einem Uhrwerk. Nach 20 Minuten ist der Patient wieder unter den Lebenden, fruchteten die Bemühungen der Männer und Frauen mit Herzdruckmassage und Defibrillator. Wäre die Reanimationspuppe ein echter Mensch gewesen, läge er jetzt auf der Intensiv- vielleicht sogar schon auf der Normalstation.
Reales Abbild
Das beschriebene Szenario war „nur“ eine Übung, aber ein reales Abbild davon, wie es in einer Notaufnahme zugeht. Am Abend des Rosenmontags war das dreistündige Training angesetzt, an dem der Oberarzt der Chirurgie und ärztliche Leiter in der Notaufnahme, Dr. Tobias Frank, Dr. Christoph Wittenberg, Chef der Inneren Abteilung im Krankenhaus Tirschenreuth, sowie weitere Ärzte und das Pflegepersonal mitwirkten.
Vier BRK-Vertreter, deren gelbe Warnwesten sie als Beobachter identifizierten, schauten genau hin, was da alles vor sich ging, denn auch für die BRK-Mitarbeiter war die Übung ein echter Zugewinn. Je professioneller die Beteiligten agieren, desto größer die Chancen des Patienten im Falle eines Falles. Von Krankenhausseite waren etwa 15 Mitarbeiter aktiv an der Übung beteiligt. Vom BRK-Kreisverband waren 28 Personen dabei. Die Leitung hatte Wolfgang Rosner. Als Beobachter waren Christian Stahl (Triage), Robert Konrad und Raimund Köstler (Eingriffsraum), Oliver Beche(Schockraum) sowie Stefan Binner (Reanimation) dabei. Die ehrenamtlichen Rettungskräfte kamen aus den Rettungswachen Tirschenreuth, Kemnath, Erbendorf und Mitterteich. Die „Patienten“ waren Mitglieder der Bereitschaften Kemnath, Waldsassen und Armesberg. Für die realistische Unfalldarstellung (Schminken) zeichnete das Team Salomon verantwortlich.
Es ging heiß her an diesem Abend in der Notaufnahme. Durchschnittlich im 15-Minuten-Takt wurden die Patienten mit leichten Verletzungen bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern eingeliefert oder kamen selbst in die Notaufnahme. Durch die professionelle Schminke konnten wahrscheinlich nicht einmal die Fachleute auf den ersten Blick erkennen, ob dies ein „Fake- oder ein echter Patient“ war. Plötzlich tauchte ein älterer Herr auf, der nicht zur Übung gehörte. Er hatte sich verlaufen, suchte eine Station, zu der ihn Krankenhausleiterin Claudia Kost fürsorglich begleitete.
Schlag auf Schlag Da drängte sich die Frage auf, was passiert, wenn während der Übung tatsächlich ein echter Patient ankommt? „Dann lassen wir die anderen liegen und versorgen natürlich ihn“, antwortete Kost. Schlag auf Schlag tauchten immer neue Notfälle auf oder wurden von den BRK-Helfern angeliefert. Darunter eine Diabetikerin, die am Zentralen Busbahnhof zusammengebrochen war, eine Hamm-Mitarbeiterin, die von einer Walze gestürzt war und lebensgefährliche Verletzungen erlitten hatte, ein Kind, das sich beim Spielen eine Kopfplatzwunde zugezogen hatte, die genäht werden musste, Patienten mit Unterarmfraktur und Hals- Wirbelsäulen-Beschwerden nach einem Auffahrunfall ... Auch ein Patienten aus dem Seniorenheim Mühlbühl, bei dem der Katheder gewechselt werden musste, und ein Kind mit Nasenbluten, dessen Mutter aufgelöst war und beruhigt werden musste, tauchten auf.
Drogen und Alkohol
Auch eine freudige Nachricht konnte Dr. Wittenberg verkünden. Bei einer jungen Frau, die mit heftigen Unterleibsschmerzen in die Notaufnahme kam, stellte sich heraus, dass sie Mutterfreuden entgegenblickt. Und dann lag da noch ein junger Mann regungslos auf dem Bürgersteig vor dem Krankenhaus, der beim Rosenmontagsball wohl zu tief ins Glas geschaut hatte. Auch eine kleine Pille hatte er geschluckt. Worum es sich dabei handelte, konnte er nicht sagen.
Wozu das alles? Nach einem Jahr Bauzeit öffnete am Faschingsdienstag um 8 Uhr offiziell die neue Zentrale Notaufnahme ihre Pforten. Im Vorfeld hatten die Mitarbeiter die Schränke im Schockraum, im Eingriffs- und im Gipsraum sowie in den Bahandlungszimmern mit allem bestückt, was dort vorhanden sein muss. Auch neue technische Geräte hielten hier Einzug, mit deren Bedienung ich die Mitarbeiter vertraut machen mussten.
Nicht zu unterschätzen war dabei auch die Kommunikation mit der Integrierten Leitstelle in Weiden und den BRK-Bereitschaften sowie die Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst- und Krankenhauspersonal. Fazit eines Beobachters nach zweieinhalb Stunden: In der neuen Zentralen Notaufnahme im Krankenhaus ist der Patient in guten Händen.
HINTERGRUND
Mit dem Start der neuen Notaufnahme wurde die ehemalige Einrichtung zur Baustelle und wird jetzt kernsaniert. Anfang Februar 2020 soll der sanierte Teil mit dem Neubau zusammengeschlossen werden. Danach werden die OPSäle im Stockwerk darüber saniert und auf modernsten Stand gebracht. Diese weitere Maßnahme soll Anfang des Jahres 2021 erledigt sein. Im normalen Klinikalltag haben drei Pflegekräfte und ein Arzt Dienst in der Notaufnahme. Fachärzte stehen im Hintergrund ebenfalls immer zur Verfügung. Seit November 2017 ist die Zentrale Notaufnahme 24 Stunden, also auch nachts pflegerisch besetzt. Das hat sich laut Krankenhausleiterin Claudia Kost bestens bewährt. Der Neubau weist etwa die doppelte Fläche der ehemaligen Notaufnahme auf. Ist einmal alles fertig, steht sogar die dreifache Fläche in Bezug auf die ursprüngliche Situation zur Verfügung. Derzeit gibt es je einen Gips-, Eingriffs- und Schockraum sowie zwei Untersuchungszimmer. Nach der Fusion kommen noch Duschen, Behinderten- WCs und Aufenthaltsbereiche für die Mitarbeiter sowie Büros für den ärztlichen und pflegerischen Leiter dazu. Mehr Lagermöglichkeiten sind dann auch vorhanden. „Beim qualifizierten Personal gibt es noch Luft nach oben, da könnten wir gute Leute brauchen“, sagt Krankenhausleiterin Claudia Kost. Bei der Abschlussbesprechung mit den BRK Beobachtern zeigte sich, dass Zusammenarbeit und Kommunikation aller Beteiligten auf hohem Niveau abläuft. Es ging im Endeffekt darum festzustellen, wo noch optimiert werden kann. So stellte sich beispielsweise heraus, dass im Eingriffsraum zwar eine moderne, aber dennoch ungeeignete Liege stand, weil mit ihr der Patient nicht direkt ins CT gefahren werden konnte. Das wurde gleich am anderen Tag, noch vor der offiziellen Inbetriebnahme, korrigiert. Nachdem die Übung gewinnbringend für alle war, wurde beschlossen künftig öfter Trainings dieser Art auf die Agenda zu setzen. (tr)
Quelle: Der neue Tag / onetz.de