· Pressemitteilung

Leistungssport Blutspende

Die Schwester hat bei Franz Murr schnell eine Blutader gefunden, die sich anzapfen lässt. Bereits zum 177. Mal liegt der Immenreuther auf der Spenderliege und lässt sich 500 Milliliter Blut entnehmen.
Kurz vor der Spende wird der Hämoglobinwert im Blut gemessen. Nur ein kleiner Pieks ins Ohr. Bilder: Lena Schulze (2)

Franz Murr geht leidenschaftlich gerne zur Blutspende. Bei seiner 177. Teilnahme erzählt der 64-Jährige von besonderen Terminen, Bekanntschaften und wo die Brotzeit danach am besten schmeckt.

 

Von Lena Schulze

 

Erbendorf/Immenreuth. "Heute lassen wir es ruhig angehen", sagt Franz Murr, als er die goldene Spender-Karte zückt und sich in der Erbendorfer Stadthalle zur 177. Blutspende registriert. Bei den Ärzten und Mitarbeitern des Blutspendedienstes ist der Immenreuther ein bekanntes Gesicht. "Man schließt Bekanntschaften, manchmal nur Small-Talk, manchmal etwas persönlicher." Die Kreuzchen auf dem Fragebogen sind schnell gesetzt. Bevor er sich in die Schlange zur ärztlichen Untersuchung stellt, kippt er noch einen Becher Saft. "Früher gab es Tee, das fand ich förderlicher."

 

Während der Wartezeit erzählt Murr: "Mit der Zeit wird das wie eine Sucht, eine Art Leistungssport. Ich merke das, wenn es wieder Zeit wird. Dann bekomme ich zum Beispiel öfter Nasenbluten." An seine erste Blutspende kann er sich noch ganz genau erinnern. Damals brauchte Murr trotz seiner 18 Jahre noch die Einverständniserklärung der Eltern. "Volljährig war man erst mit 21 Jahren", sagt der heute 64-Jährige. Murr ist in Boxdorf im Steinwald aufgewachsen. Durch einen Freund der Familie kam er auf die Idee, auch mit zur Blutspende zu gehen, aus reiner Neugierde. Seinen ersten "Aderlass" hat Murr sehr gut vertragen. "Einmal mitgemacht und dabeigeblieben." Zunächst in eher unregelmäßigen Abständen. In den vergangenen zehn Jahren hat der Immenreuther allerdings um die 50 Mal gespendet. "Ich versuche pro Jahr vier bis fünf Mal Blut zu spenden", sagt Murr. "Sechs Mal hab' ich auch schon geschafft."

 

Gezielte Terminsuche

 

Murr arbeitet bei ZF Friedrichshafen AG in Auerbach in der Arbeitsvorbereitung der E-Mobility. Die Blutspende lässt sich auf dem Heimweg gut einrichten. Die Termine sucht er gezielt danach aus, wenn seine "Schonfrist" von zwei Monaten vorbei ist. Fichtelberg, Bayreuth, Erlangen, Erbendorf, Kemnath, Grafenwöhr, Pressath, München: Murr kommt mit seinem Drang zur Blutspende ganz schön rum.

 

Mit der Zeit wird das Blutspenden zur Sucht.

Franz Murr

 

Vor ihm stehen noch vier Leute in der Schlange. "In Fichtelberg musste ich einmal eine Stunde warten", sagt er und klimpert mit dem Schlüssel in der Hosentasche. Heute sei weniger los, meint er. Murr bereitet sich nicht besonders vor: "Viel trinken, nicht allzu fettes Essen. Und das Bier zur Brotzeit lasse ich weg", sagt er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Fehlversuche hatte er fast keine. "Voriges Mal erwischte die Schwester eine falsche Vene, da lief es langsam, der Beutel wurde nicht ganz voll." Aber das sei die absolute Ausnahme. Einmal spendet er zwei Tage nacheinander. In München ein halber Liter aus dem linken Arm, tags darauf zu Hause ein halber Liter aus dem rechten Arm. Aus Neugierde, um herauszufinden, wie das ist. "Es passierte nichts. Ich hab das gut verkraftet", sagt Murr mit einem Achselzucken. Dann geht's zum Schnell-Check beim Arzt. Der Blutdruck des 64-Jährigen ist etwas erhört. "Ein Ausreißer." An der Nervosität liegt es nicht, der Spende-Experte ist die Prozedur gewöhnt. Der Arzt winkt ihn durch und wünscht einen guten Verlauf. Es geht direkt zur Bestimmung des Hämoglobinwertes. Murr setzt sich, ein kleiner Tratsch, er streicht die schulterlangen krausen weiß-grauen Haare zurück, ein Pieks ins Ohr und weiter.

 

Blut in Glasflaschen

 

Mehrere Liegen sind noch frei. Murr wählt eine am Rand aus. Der rechte oder linke Arm, das ist "Jacke wie Hose". Beide Armbeugen sind von den häufigen Nadelstichen ganz löchrig. Murr fragt die Schwester nach ihrem Namen, er kennt sie noch nicht. Mit der Frage bringt er sie charmant durcheinander, sie verwechselt die Nummern beim Scannen, das Gerät beschwert sich promt und piepst. Die Mitarbeiterin sammelt sich schnell und zapft gekonnt die Vene an. Während Murr auf der Liege immer wieder seine Hand rhythmisch zur Faust ballt, um das Blut besser aus dem Körper zu pumpen, erinnert er sich, dass er vor etwa 40 Jahren noch in Glasflaschen anstatt Plastikbeuteln Blut gelassen hat.

 

"Die hatten etwas Vakuum in sich, das hat das Blut regelrecht aus der Vene gezogen, es hat richtig geplätschert", erklärt er. Der Alarm auf seinem Gerät unterbricht. 135 Milliliter stehen auf der Anzeige. Die Nadel sitzt nicht richtig. Die Schwester zieht sie ein Stück raus, damit das Blut besser läuft. Nach neun Minuten ist die Sache erledigt. Der 64-Jährige freut sich auf die Brotzeit.

 

So spendefreudig wie er ist sonst keiner in der Familie. Die Frau geht nicht zur Blutspende. Die beiden Töchter gehen, jedoch in unregelmäßigen Abständen, sagt Murr bei Wiener mit Semmel. Die Verpflegung sei übrigens in Grafenwöhr am besten. Dort gebe es auch mal warmen Leberkäse mit Kartoffelsalat. In Erlangen hatte er mal Kassler mit Kraut.

"Ich gehe gern Blutspenden. Ich fühle mich danach besser und halte so meinen Körper auf Trab", sagt Murr. Er hat Blutgruppe 0, Rhesusfaktor positiv, und ist somit universeller Spender. "Da ist eine Stunde Zeit wirklich kein Opfer, wenn man helfen kann." Außerdem werden seine eigenen Blutwerte jedes Mal getestet. Der 64-Jährige sieht es pragmatisch: "Falls Krankheiten auftauchen, könnte ich frühzeitig intervenieren." Zum Schluss sucht er sich auf dem Weg nach draußen noch ein lila Messer-Set aus. "Auf Wiedersehen", sagt die BRK-Mitarbeiterin. "Ganz bestimmt", bestätigt Murr.

 

Ehrung

 

Als Blutspender wurde Franz Murr schon des Öfteren ausgezeichnet, zuletzt im Juli in Kulmbach für 175 Blutspenden. "Das Rahmenprogramm war wirklich toll", sagt der 64-Jährige Immenreuther. Der Hörfunkmoderator und Comedian Chris Böttcher stand auf der Bühne und unterhielt die 687 geehrten Jubilare. "Die letzten Ehrungen waren persönlicher", findet Murr.Die Spender wurden nicht einzeln auf die Bühne gerufen, sondern über Leinwand aufgelistet. "Die Ehrung zur 150. Spende war toll. Die Prinzessin von Thurn und Taxis übergab die Urkunde und nahm sich danach noch extra Zeit für Foto mit mir!" (szl)

 

Quelle: Der neue Tag / onetz.de