Testen, testen, testen: Aktiv gegen die zweite Corona-Welle
Die Schlange vor der Turnhalle St. Peter in Tirschenreuth war lang: Am Montag fiel der Startschuss zur Corona-Antikörperstudie im Landkreis Tirschenreuth. Zwischen 16 und 21 Uhr waren 120 Personen eingeladen, sich Blut abnehmen zu lassen.
Tirschenreuth. (vlu) Die Corona-Studie im Landkreis Tirschenreuth ist angelaufen. Sie soll Aufschluss darüber geben, wie hoch die Dunkelziffer der Infizierten im Landkreis ist und über einen längeren Zeitraum hinweg dokumentieren, wie sich das bislang noch relativ unbekannte Virus entwickelt. Gleichzeitig erwarten die Wissenschaftler Hinweise auf eine mögliche schützende Wirkung Covid-19-spezifischer Antikörper.
An zehn Arbeitstagen wird der Test durchgeführt. Weitere Standorte sind Wiesau und Waldeck. Die Teilnehmer wurden vorab per Zufallsprinzip ausgewählt und kontaktiert - insgesamt 7200 Personen wurden als mögliche Teilnehmer ermittelt. Davon haben 4800 Menschen aus dem Landkreis Post bekommen. Ziel ist, dass mindestens 3600 Bürger getestet werden.
"Klar, dass ich mitmache"
Eine davon ist Gabriele Zimmert (62) aus Tirschenreuth. Sie hat eine Einladung zur Studie erhalten, hatte aber keinen bestätigten Corona-Fall im Familien- und Bekanntenkreis, wie sie sagt. Sie habe während der Pandemie "immer gut aufgepasst" und sei auch jetzt vorsichtig. "Für mich war von Anfang an klar, dass ich mitmache, wenn ich ausgewählt werde", sagt sie, ihren Bogen hält sie fest in der Hand. Nervös sei sie nicht vor der Blutabnahme - sie wolle Gewissheit haben.
Die Turnhalle ist in zwei Bereiche aufgeteilt, die mit großen Papp-Aufstellern abgetrennt werden: ein Aufklärungs- und ein Abnahme-Bereich. Die Helfer tragen Schutzvisiere oder -brillen, lange weiße Kittel und Mundschutz. Fast wirkt es wie in einem Science-Fiction-Film. Circa eine Stunde vor Beginn wurde das Helferteam umfassend eingewiesen, die Abläufe gehen anschließend routiniert von der Hand. Zimmert ist, nach Landtagsabgeordnetem Tobias Reiß (CSU), der ebenfalls ausgewählt wurde, die Zweite, die an der Reihe ist. Nach der Händedesinfektion im Eingangsbereich und kurzer Wartezeit geht es los. Die Tirschenreutherin wird von einer Helferin, insgesamt sind es an den jeweiligen Standorten circa zehn, über den Datenschutz und das Prozedere aufgeklärt.
Danach geht es direkt weiter zur Blutabnahme. 5,5 Milliliter werden den Teilnehmern abgenommen, das sind ungefähr vier Teelöffel voll. Das Testergebnis erhalten die Probanden, wenn sie es denn wissen wollen, in zwei bis drei Wochen. Bei Zimmert ist die Ampulle in nur wenigen Sekunden mit dem Blut gefüllt. "Geht es Ihnen gut?", erkundigt sich die Helferin danach. Zimmert nickt und bekommt ein Pflaster auf die Einstichstelle geklebt. Der ganze Ablauf, von der Einweisung bis hin zur Entnahme, dauert ungefähr 15 Minuten.
Studienleiter ist aufgeregt
Studienleiter Professor Ralf Wagner von der Universität Regensburg ist ebenfalls anwesend, läuft immer wieder von Station zu Station und beobachtet das Prozedere. Er hofft, sagt er, auf eine rege Teilnahme. "Der Spannungsbogen am ersten Tag war groß", gibt er zu und lacht. Denn die Teilnahme an der Studie ist freiwillig - wer ausgewählt wurde, muss nicht automatisch kommen. "Wir wussten nicht: Sitzen wir vor leeren Rängen?" Doch die Resonanz wirke "sehr, sehr positiv".
Wagner erhofft sich von der Studie mit dem Titel "Prospektive Covid-19-Kohorte Tirschenreuth (TiKoCo19)" wichtige Antworten zur bislang noch relativ unbekannten Corona-Krankheit. In vier bis sechs Monaten wird den Probanden erneut Blut abgenommen - und nach dieser Zeitspanne dann wieder.
"Wir wollen wissen, wie hoch die Dunkelziffer in der Bevölkerung ist", sagt Wagner. Und auch, wie sich das Virus im Laufe der Zeitspanne entwickelt: "Wird es mehr Infizierte geben, wenn es wieder kälter ist und die Leute mehr in geschlossenen Räumen sind?"
Auch Landrat Roland Grillmeier (CSU) ist am ersten Tag der Studie dabei. "Ich denke, es ist gut angelaufen", sagt er. Viele freiwillige Meldungen habe es aus der Bevölkerung gegeben, doch das Zufallsprinzip habe entschieden. "Die Aufklärung ist sehr wichtig - gerade für unseren Landkreis, der so stark betroffen war."
Quelle: Der Neue Tag / www.onetz.de