· Pressemitteilung

Von wegen Montagmorgen

Mit Mann und Maus ist an diesem Freitag das Rote Kreuz im Einsatz, um die Dreifach-Turnhalle am Stiftland-Gymnasium in eine Notfallunterkunft umzufunktionieren. Die ersten Asylberwerber sind noch am späten Abend eingetroffen. Bilder: bz (4)
Für die professionelle Arbeit der Koordinierungsgruppe Asyl am Landratsamt und aller beteiligten Verbände und Organisationen bedankt sich Landrat Wolfgang Lippert (rechts) am Freitagabend.
Einen kleinen Snack, Obst und Getränke haben die BRK-Frauen für den ersten Abend organisiert. Ab Samstag werden die Asylbewerber von einer von der Regierung beauftragten Cateringfirma versorgt.

Ersten kommt es anders, zweitens als man denkt: Kaum hat die Koordinierungsgruppe am Landratsamt alle Vorbereitungen getroffen, um zum Wochenbeginn die ersten Asylbewerber aus dem Notfallplan aufzunehmen, ruft auch schon der Regierungspräsident an. Und Axel Bartelt hat keine guten Nachrichten.

 

Tirschenreuth. (bz) Die Lage hat sich in wenigen Stunden dramatisch zugespitzt. Täglich suchen bis zu 1400 Menschen in Bayern eine neue Heimat. Es ist Donnerstag gegen 20.30 Uhr, als Oberregierungsrätin Regina Kestel per SMS von Landrat Wolfgang Lippert erfährt: "Die ersten Asylbewerber kommen schon am Freitagabend." 65 werden es dann später sein, überwiegend Syrer und Iraker. Die muss der Landkreis Tirschenreuth schneller als geplant unterbringen. Und das heißt für Kestel und ihre Mitstreiter erst einmal: "Durchschnaufen und anpacken." Der Zeitplan muss 48 Stunden eher abgearbeitet sein. Eine Herkulesaufgabe, die aber alle Beteiligten zur besten Zufriedenheit erfüllen. Landrat Wolfgang Lippert sagt am Freitagabend ein herzliches "Vergelt's Gott" und lobt die Professionalität aller Helfer.

 

Menschenwürde

 

Die haben nicht nur die Dreifach-Turnhalle am Stiftland-Gymnasium als Notfallunterkunft umfunktioniert, sondern auch an viele andere Dinge gedacht, um den Neuankömmlingen eine möglichst menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten. Da gibt es einen Bereich für Frauen und Kinder, einen für die Männer und einen dritten mit Bierbänken und Tischen als Gemeinschaftsraum.

 

Wo sonst Matten und Geräte lagern, gibt es einen Gebetsraum und ein Spielzimmer für Kinder. Sanitäre Einrichtungen und Duschen sind im Obergeschoss. Hygienesets, Handtücher und fünf Waschmaschinen sind organisiert. Auch den kleinen Außensportplatz können die Bewohner auf Zeit nutzen.

 

Oberstudiendirektor Georg Hecht hat kurzerhand einige schulische Veranstaltungen umorganisiert. So das Sommerfest eben am gestrigen Freitag. Nach Wandertagen und Abschlussgottesdiensten nächste Woche geht es eh in die Ferien. Allerdings hofft er schon auf die Zusage des Regierungspräsident, dass der Notfallplan nur fünf bis sechs Wochen notwendig ist. "Zum neuen Schuljahr brauchen wir die Halle wieder." BRK-Kreisgeschäftsführer Holger Schedl hat zwar geschluckt, als er von der neuen zeitlichen Vorgabe erfahren hat, dann aber seine Helfer in den Bereitschaften zusammengetrommelt.

 

Die bauen 200 Feldbetten auf, sorgen für Stühle und sorgen - dank der spontanen Hilfe des Liebensteiner Kartonagenwerks - auch dafür, dass jeder Aslybewerber eine Schachtel für seine Habseligkeiten erhält. "Viel ist es eh nicht", wie Julia Zeitler vom Arbeitskreis Asyl der Caritas aus Erfahrung weiß. "Oft haben diese Menschen nicht mehr als das, was sie am Leibe tragen oder was in eine Plastiktüte passt."

 

Ganztagskraft Asyl

 

Dass die traumatischen Erlebnisse erst verarbeitet werden müssen, weiß auch Angelika Würner. Dann sind die Helfer der Arbeiterwohlfahrt da und sorgen für eine entsprechende Betreuung. Die Kreisgeschäftsführerin stellt Jana Fatima Piontek vor. Die gebürtige Chemnitzerin lebt seit 15 Jahren in der Oberpfalz und ist seit zwei Monaten als Ganztagskraft für Asyl bei der AWO tätig.

 

Schaum statt Pulver

 

Kreisbrandrat Franz Arnold hat mit seinen Männern vor allem den Feuerschutz überprüft und vorsorglich die Pulverlöscher gegen solche mit Schaum austauschen lassen. "Nicht dass wir so etwas erleben müssen wie in Vohenstrauß", erinnert er an die Massenpanik Mitte März in einer Discothek dort. Unruhige Stunden erlebt an diesem Freitag auch eine Bayreuther Security-Firma. Sie muss drei Tage früher als gedacht ausreichend Sicherheitspersonal abstellen. Nicht um die Asylbewerber zu bewachen, sondern sie vor ungebetenem Besuch zu schützen. "Hier kommt niemand rein, der nicht autorisiert ist", stellt Regina Kestel klar.

 

Flüchtlinge: "Brandbrief" an Kreise und Städte

 

Die Kommunen in der Region sind in der Flüchtlingsunterbringung jetzt massiv gefordert. Die Regierung der Oberpfalz hat nach eigenen Angaben einen "Brandbrief" an Landkreise und kreisfreie Städte verschickt. Sie müssen mit kurzfristigen Zuweisungen größerer Gruppen von Asylbewerbern rechnen.

 

Tirschenreuth/Weiden/Regensburg. (bz/rg/ehi/dpa) Im Kreis Tirschenreuth überschlugen sich bereits in der Nacht zum Freitag die Ereignisse. Dort war bereits seit Donnerstag die Dreifachturnhalle des Stiftland-Gymnasiums vorbereitet worden, um spätestens ab Montag bis zu 200 Flüchtlinge aufzunehmen. Am Abend wurde aber klar, dass die ersten Gruppen bereits im Lauf des Folgetages erwartet würden. Der auf 48 Stunden ausgelegte Zeitplan für die Vorbereitungen musste entsprechend schneller abgearbeitet werden.

 

Weiden bereitete sich am Freitag ebenfalls darauf vor, bis zu 100 Flüchtlinge noch am Wochenende aufzunehmen. Diese würden in die Turnhalle der Berufsschule einziehen. "Wir appellieren an die Bevölkerung, sich ihrer Verantwortung für die Flüchtlinge bewusst zu sein", sagte Oberbürgermeister Kurt Seggewiß am Freitag.

 

Stopp in Regensburg

 

Für die vorläufige Erstaufnahmestelle in der ehemaligen Pionierkaserne in Regensburg wurde in der Nacht zum Freitag ein vorläufiger Aufnahmestopp verhängt. Das erklärte die Regierung der Oberpfalz in ihrer Mitteilung. Mittlerweile sei der Stopp aber wieder aufgehoben. Grund für diese Maßnahme war die hohe Zahl an Flüchtlingen, die derzeit nach Bayern kommen. Täglich erreichten zwischen 1000 und 1400 Flüchtlinge den Freistaat. In der Oberpfalz waren es zuletzt binnen zwei Tagen 421 Neuankömmlinge. Zeitweise waren in der Pionierkaserne sowie ihren Außenstellen über 1100 Flüchtlinge untergebracht. Am Freitagnachmittag befanden sich 610 Menschen in der Kaserne, weitere 189 in Zeitlarn (Kreis Regensburg) und 255 in der Neumarkter Delphi-Halle. Die vorläufige Erstaufnahmestelle in der Pionierkaserne ist auf eine reguläre Kapazität von 400 Flüchtlingen ausgelegt. Weiter heißt es in der Mitteilung der Regierung, dass sich auch alle weiteren Landkreise und Gemeinden darauf einstellen müssten, dass der vereinbarte Notfallplan in den nächsten Tagen Stück für Stück in Kraft treten wird.

 

Begleitet von Protesten ist in Dresden binnen 24 Stunden eine Zeltstadt für Flüchtlinge entstanden. Dort sollen an diesem Wochenende 800 Flüchtlinge vor allem aus Syrien aufgenommen werden. Betreiber des Lagers ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Nach den Worten von DRK-Chef Rüdiger Unger waren Mitarbeiter der Hilfsorganisation schon am Donnerstagabend von Schaulustigen daran gehindert worden, Vorbereitungen für das Lager zu treffen. In einem Fall sei jemand sogar mit einem Auto auf einen DRK-Helfer zugefahren. "Ich habe so etwas noch nie erlebt", sagte Unger.

 

CDU feilt an Gesetz

 

Ein von CDU-Vize Armin Laschet Anfang Juli veröffentlichtes Strategiepapier zum besseren Zusammenhalt der Gesellschaft könnte unterdessen den Weg zu einem Einwanderungsgesetz ebnen. "Der Spiegel" berichtet, CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel habe intern Zustimmung signalisiert, dass das Papier vom Vorstand im September verabschiedet und als Antrag beim Bundesparteitag im Dezember vorgelegt werden soll. Dabei geht es vor allem um den Satz, dass die bestehenden Einwanderungsregeln besser miteinander verknüpft und "in einem Gesetz" zusammengeführt werden sollten.

 

Quelle: Der neue Tag / oberpfalznetz.de

 

Notfallplan greift | Rund 250 Flüchtlinge angekommen | Flüchtlingsstrom ungebrochen

Der Bericht bei Oberpfalz TV: http://www.otv.de/nordoberpfalz-notfallplaene-treten-in-kraft-fluechtlingsstrom-in-die-oberpfalz-179378/