Expertenrunde im Atemschutzzentrum stellt Wandel in der Gesellschaft fest
Neuhaus. (sne) Immer wieder schockieren Angriffe auf Helfer die Bevölkerung. Darüber informierten Experten in einer Vortragsrunde im Atemschutzzentrum Nordoberpfalz. „Wenn der Patient den Arzt attackiert“ „Autofahrer drängt Feuerwehrmann zur Seite“, „Bespuckt und beschimpft nach Unfall“ – Chefarzt Matthias Kalkum von den Kliniken Nordoberpfalz hatte Schlagzeilen aus Tageszeitungen dabei. Sie zeigten ein Phänomen, das zunehmend zum Alltag von Einsatzkräften gehört: Sie sind bei ihrer Arbeit Gewalt ausgesetzt.
Für Klaus Dvorak, Rettungsdienstleiter beim BRK-Kreisverband Tirschenreuth, liegt die zunehmende Gewalt an einem Wandel in der Gesellschaft: „Früher waren die Menschen froh, wenn jemand geholfen hat. Heute werden wir als Dienstleister gesehen, die da zu sein haben.“ Aber die Einsatzkräfte haben darauf reagiert. In der Ausbildung wird mit einem Vier- S-Schema auf heikle Situationen vorbereitet: Scene, Safety, Situation und Support. So sollen Retter Warnzeichen frühzeitig erkennen, deeskalierend wirken und nicht zögern, die Polizei zur Hilfe zu rufen. Polizeiinspektionsleiter Klaus Müller aus Weiden informierte über die Statistiken: 2018 gab es in Bayern 7689 Straftaten gegen Polizisten, davon 4382 Gewaltdelikte. Dies führte zu 2566 verletzten Polizeibeamten. Dazu kamen 79 Attacken gegen Feuerwehren und 202 gegen einen Rettungsdienst. Im Bereich Weiden gab es 2018 52 Straftaten gegen Polizisten und eine Attacke gegen einen Rettungsdienst. 2019 wurden 46 Polizisten angegriffen, wobei Rettungsdienste bisher verschont blieben. Für Müller ist ein selbstsicheres Auftreten die Grundlage einer Deeskalation. Pfarrer Johannes Lukas ist Notfallseelsorger und kümmert sich auch um Einsatzkräfte. Trotz aller Schreckensnachrichten nehme Gewalt in der Gesellschaft ab, sagte er. Angriffe seien nicht persönlich, sondern richteten sich an die Institution, die der Helfende vertritt. Finde sich jemand in einer solchen heiklen Situation wieder, reagiere der Körper mit Verwirrung. Das könne zu geändertem Verhalten führen. Oft gebe sich ein Angegriffener die Schuld. Sollten diese Gefühle nach 72 Stunden nicht abklingen, sei professionelle Hilfe angebracht.
Quelle: Der neue Tag / onetz.de